five talks #3 – Interview mit Oliver Grebe Leitung Logistik Heid Löper, Lüneburg
Eine sehr gute Gelegenheit, alte Strukturen zu entstauben
five talks: Herr Grebe, wie schätzen Sie (für sich regional und die Branche in Deutschland) die Zukunft der Print- und Presselogistik ein?
Oliver Grebe: Wir sind regional sehr gut aufgestellt. Unsere Logistik erreicht weite Teile des Landkreises Lüneburg in einer sehr hohen Geschwindigkeit. Wir bieten eine weitreichende und absolut konkurrenzfähige Express-Logistik. Unser Erfolg wird in der Zukunft davon abhängen, inwieweit wir in der Lage sein werden, diese Logistik mit einer Vielzahl von weiteren Produkten zu verdichten. Hier sprechen wir von unseren Kernprodukten wie der Tageszeitung, den Wochenblättern und den Briefen, zudem von Waren aus dem stationären Handel hier in Lüneburg.
Wenn uns diese Entwicklung gelingt, können wir aus Sicht der Logistik trotz aller Themen optimistisch sein. Unser Ansatz hier: Wir wollen uns möglichst breit aufstellen und den jahrelang gescholtenen Bereich Zustellung als Profitcenter etablieren.
Was die erweiterte Perspektive angeht, ist meine Prognose gemischt. Im Zuge der Corona-Pandemie ist das Jahr 2020 sehr dynamisch verlaufen – viele Unternehmen haben hier aus der Not heraus den Chancenprozess beschleunigt. Meiner Meinung nach ist das jedoch eine sehr gute Gelegenheit, alte Strukturen ein für allemal zu entstauben! 2021 bleibt daher sehr spannend.
Mit welchen Softwarelösungen, Unternehmens- und Führungsstrukturen rüsten Sie auf, um – auch bei Non Print – wettbewerbsfähig zu bleiben?
Grebe: Wir reorganisieren derzeit unsere Zustellorganisation. Die Vertriebsinspektoren werden immer mehr zu Logistik-Allroundern. Der Ausbau und auch die Weiterentwicklung unserer Organisation wird uns nur dann zielführend gelingen, wenn das im Einsatz befindliche ERP-System diese Veränderungen zulassen kann.
Daher stehen wir derzeit auch im engen Austausch mit der HUP, um unser bestehendes Advantage auf P7 umzustellen. Wenn uns dieser Punkt gelingt, würde uns das systemseitig auf eine neue Ebene bringen. Gerade im Bezug auf Softwarelösungen haben wir uns in den letzten Jahren immer breiter aufstellen müssen.
Derzeit geht es eher darum, dass die Systeme zielführend miteinander harmonisiert werden. Rein aus der logistischen Sichtweise auf die Verlagslogistik sind Themen wie GIS und Tools zur Fuhrparkauslastung keine Science-Fiction mehr – sie sind relevant für einen weiteren Ausbau und die Optimierung der logistischen Prozesse.
Sind in der Logistik die Verlagskunden von heute nicht die härtesten Logistik-Konkurrenten von morgen? Sie sind ja auch eine Art Ausgründung. Wie unabhängig sind Sie?
Grebe: Das ist in Teilen sicherlich so. Diese Entwicklung gilt es zu beobachten. Ich setze hier regional auf Kooperationen, die zusammenwachsen sollen. Wir sind und bleiben hier sehr unabhängig. Wie gesagt, machen wir derzeit unsere Hausaufgaben und werden unsere lokalen Dienstleistungen weiter stärken, in der Hoffnung, dass wir hier auch in Zukunft sicher und vor allem unabhängig agieren können.
Der regionale Wettbewerb ist bei uns in Lüneburg ganz sicher anderes zu bewerten als der in Hamburg. Glücklicherweise stellen wir immer wieder fest, dass die urbane Logistik eher in Städten wie München und Hamburg massiv umkämpft zu sein scheint – an Städten in der Größenordnung Lüneburgs haben die global agierenden Unternehmen bislang weniger Interesse gezeigt.