five talks #2 – Interview mit Ingo Müller, Gesamtleiter Werbemärkte & Media Solutions, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Hypotheken liegen in der Zukunft
five talks: Kommt Ihr Haus in diesem Jahr im Bereich der Werbeerlöse noch einmal glimpflich davon oder tut es richtig weh?
Ingo Müller: Das Bild ist heterogen. Es ist auf keinen Fall alles schlimm: Im digitalen Geschäft wachsen wir trotz der veränderten Rahmenbedingungen deutlich im Vergleich zum Vorjahr und auch bei der gedruckten FAZ bzw. FAS konnten wir auf wir auf ein positives Q1 im Vergleich zum Vorjahr zurückblicken, bevor wir im Q2 krisenbedingt deutliche Nachfragerückgänge zu verzeichnen hatten.
In Summe haben wir mit unserem Mix aus Erlösen der unterschiedlichen Gattungen und Plattformen im ersten Halbjahr erfreulicherweise nur einen leichten Erlösrückgang im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 zu verzeichnen.
Und können Sie die Verluste aufgrund dieser Entwicklung gegebenenfalls sogar kompensieren?
Müller: Die krisenbedingten Erlösrückgänge des ersten Halbjahrs bzw. auch die des zweiten Halbjahrs, können wir zu großen Teilen auch nicht durch Marketing/Vertriebsmaßnahmen kompensieren. Hier verlieren wir wie alle im Markt Geld – und das mal mehr, mal weniger plattformunabhängig.
Digital entwickelt sich insgesamt natürlich besser als Print, aber eine Jahresendprognose ist aktuell kaum möglich. Das macht die Planung so schwer. Die Hypotheken liegen in der Zukunft. Viele Kunden wissen oft noch nicht, wie ihre finale Budget-Situation aussieht und fahren derzeit auf Sicht. Auch hier gibt es keine homogene Entwicklung. In der Luxusgüterindustrie wird es Ende des Jahres eher nicht zu einem Ausgleich kommen, in der Telekommunikation ist durchaus auch Wachstum für uns möglich.
Inwiefern hat die aktuelle Situation ihre Onlinepläne weiter angeschoben als geplant?
Müller: Wir konzentrieren uns generell stärker auf die Vermarktung unserer digitalen Plattformen, das ist aber keine neue Strategie. Unsere Beratungsleistung bleibt dabei stets kundenorientiert: Wir wollen den Kunden die beste Lösung anbieten und der jeweilige Plattformmix leitet sich von deren individuellen Zielen und Bedürfnissen ab. Unser Weg im Hause ist sehr stark digital programmiert, was man an der wachsenden digitalen Gesamtauflage ablesen kann. Wir nähern uns 160.000, die sich aus den verkauften digitalen Zeitungsexemplaren und den F+-Bezahlzugängen zusammensetzen.
Zudem haben wir ein Reichweiten-Geschäftsmodell, das wir in der Werbevermarktung nutzen, um neue Kunden an unsere Medienmarke heranzuführen. Medien sind Erfahrungsgüter, da muss man auch mal kostenfrei Content und Services anbieten. Auch Podcasts spielen eine zunehmend wichtige Rolle.